Viel kleiner sind ihre Blüten, aber in Höhenwuchs und Strahlkraft steht Topinambur (Helianthus tuberosus) ihrer großen Schwester Sonnenblume in nichts nach. Bis zu drei Meter ragt die mehrjährig krautige Staude in die Höhe und bildet erst, wenn die Tage wieder kürzer werden, in den Achseln ihrer verzweigten Stängel zahlreiche leuchtend gelbe Blüten.
Doch nicht ihrer Blütenpracht wegen wird sie seit Jahrhunderten auch in Mitteleuropa als Nutzpflanze angebaut. Was vornehmlich auf unseren Tellern, in Destilliergeräten von Schnapsbrennereien oder als Viehfutter in Futtertrögen landet, ist das weiße Fruchtfleisch der unscheinbaren Knollen, die in der Erde reifen und deren dünne Schalen je nach Sorte hellbraun bis rötlich-violett gefärbt sind.
Wenngleich die kleine Knolle mit nussigem Geschmack hierzulande fast in Vergessenheit geraten ist und erst allmählich als „Geheimtipp“ wiederentdeckt wird, fand sie bereits im frühen 17. Jahrhundert ihren Weg nach Europa. Überlebende einer Hungersnot unter französischen Amerika-Auswanderern schickten einige der unbekannten Knollen, die ihnen das Leben gerettet hatten, in die alte Heimat. In Europa wurde Topinambur danach als wichtiges Nahrungsmittel angebaut, im Laufe der Zeit jedoch zunehmende durch die ergiebigere Kartoffel verdrängt.
Seine Renaissance verdankt das vielseitige Wintergemüse nicht zuletzt experimentierfreudigen Küchenchef:innen. Ob geschmort, püriert oder roh geraspelt – mit ihren Kreationen rückte die Nouvelle Cuisine „kanadische Trüffel“ (frz.: „truffe du Canada“) zu Beginn des Jahrhunderts ins Rampenlicht. Inzwischen ist der Boom bei Ernährungs- und Gesundheitsexpert:innen angekommen, die verschiedene Vorzüge preisen: Fett- und kalorienarm, dafür schnell sättigend und reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Spurenelementen.
Übrigens…
Im Gärtle wächst die als anspruchslos geltende Pflanze in einem versenkten Bottich im vollsonnigen Böschungsbereich, denn Topinambur neigt zum Wuchern und schon Bruchstücke der Rhizomknollen reichen für einen Neuaustrieb aus!